Ein Haus wie aus dem Märchen – aus Stroh und ohne Zentralheizung!
Auch wenn Stefan, Magali und ihre beiden Kinder sich als «ganz normale» Familie bezeichnen – ihr Heim ist alles andere als gewöhnlich. Im Sommer 2015 entschlossen sich die Carrons, sich von ihrer bisherigen Wohnweise zu verabschieden und ein zu 100 % nachhaltiges Projekt in Angriff zu nehmen.
Den ersten Anstoss dazu gab 2013/2014 eine Velotour durch Südamerika, von Quito nach Ushuaia. Auf dieser Reise besuchte die Familie das Earthship: ein komplett energieautonomes Passivhaus ohne Heizung, in dem es sich auch in Breiten, die im Vergleich zur Schweiz erheblich unwirtlicher sind, angenehm leben lässt. Aus dieser Erfahrung kristallisierte sich nach und nach der Wunsch heraus, in einem nachhaltigen Haus zu leben. «Unsere Lebensweise ist nicht zu 100 Prozent ökologisch, da wir nicht energieautonom sind. Wir achten aber darauf, nichts zu verschwenden und unseren Verbrauch auf das Notwendige zu beschränken.»
Nach der Besichtigung eines anderen Ökohauses in der Schweiz war auch ohne besonderes bautechnisches Hintergrundwissen offensichtlich, dass nur eine Möglichkeit in Frage kam: ein möglichst umweltneutrales Haus zu bauen. «Ich habe mehrere Bücher über Naturbaustoffe, Passivhäuser und Gebäudebautechniken gelesen. Dabei wurde mir klar, dass das machbar war und funktionieren musste!» erklärt Stefan. Mit diesem Motivationsschub begann das Märchen.
Neubau oder Renovierung?
Neubau oder Renovierung – das war die grosse Frage, die sich Magali und Stefan stellten.
Der Kauf eines Altbaus fügt sich gut in das Prinzip der Wiederverwertung von Bausubstanz und ‑material ein und dürfte erheblich umweltschonender sein. Angesichts der nahezu unerschwinglichen Preise auf dem Immobilienmarkt fiel die Entscheidung dennoch zugunsten eines Neubaus aus. Zu diesem Zeitpunkt stiess Stefan auf ein Unternehmen, das ein innovatives System für Wandkonstruktionen anbot − mit Stroh!
«Wir schlugen dem Architekten und dem Bauträger eines handelsüblichen Hauses vor, beim Bau alle ursprünglich vorgesehenen Baustoffe durch nachhaltige Lösungen zu ersetzen – bei gleichem Budget: Sie haben sofort zugesagt.»
Damit hatte die Familie Carron die Herausforderung angepackt. Nun galt es nur noch, motivierte Handwerker zu finden, die sich an Naturbaustoffe wie Lehm oder Kalk wagten, und es konnte losgehen! Glücklicherweise fanden sich ortsansässige Handwerker zur Realisierung des ungewöhnlichen Projekts bereit.
Die Zauberformel
Tonnenweise guter Wille, eine minimale Menge Beton (weil auf abfallendem Gelände gebaut wurde), viel Stroh, möglichst viel Lehm, eine gut geplante Fensteranordnung, ein mit Zellstoffwatte gefülltes Dach, Solarpaneele, eine Anlage zur Regenwasserrückgewinnung und ein hervorragendes Team von Handwerkern bildeten die Zutaten für das Erfolgsrezept. So entstand im Juni 2020 in Vollèges im Wallis ein Niedrigenergiehaus mit allem modernen Komfort.
Mit Temperaturen zwischen 21 und 24 Grad war es in den Innenräumen während der Sommermonate sehr angenehm, obwohl nicht streng auf Jalousieneinsatz oder nächtliches Fensteröffnen geachtet wurde. Dem nahenden Winter dürfte die Familie daher entspannt entgegensehen!