Dein Lieblingsunkraut durchquert die Stadt!
Christoph Ibrahim hat sich verliebt: in die Brennnessel! Und zwar so sehr, dass er mit Brennnesseln ins Geschäft kommen will. Er zerlegt das vermeintliche Unkraut von der Wurzel bis zur Triebspitze und kreiert daraus unterschiedliche Produkte.
«Müssten wir mit nur einer Pflanze überleben, wäre die Brennnessel keine schlechte Wahl. Sie nährt uns mit zahlreichen Mineralstoffen, bietet sich als natürliches Heilmittel an und umhüllt uns mit Garn», meint Christoph Ibrahim. «Würden wir also die Brennnessel nicht als Unkraut definieren, sondern als Rohstoff, müsste man nur noch zugreifen». Sein Label «LU» hat sich jedenfalls ganz dem unterschätzten Kraut verschrieben. Was mit einer Abschlussarbeit an der Zürcher Hochschule der Künste begonnen hat, könnte zu einer richtigen Businessidee heranwachsen.
Vom Unkraut im Essen…
Christoph Ibrahim eignet sich altes Wissen an und experimentiert: «Wusstet ihr, dass man früher in frisch gemolkene Milch eine Handvoll Brennnesselblätter beimischte, um sie länger haltbar zu machen»? In den Blättern stecken zudem viele Vitamine, Mineralien, ätherische Öle und sie haben einen hohen Proteinanteil – also ein ideales Nahrungsmittel.
Da liegt es auf der Hand, aus dem Unkraut Essbares zu zaubern. Neben Pesto gibt es auch einen Dry Gin aus dem Hause «LU», verfeinert mit Christophs Lieblings-Unkraut: «Die Blätter der Brennsessel sind sehr geschmacksintensiv, und geben im Alkohol aufgelöst ihre schöne grüne Farbe ab».
… bis hin zum Unkraut für die Füsse!
Aber die Pflanze kann noch mehr! Aus den Fasern des Brennnesselstiels kann Garn und folglich Textil hergestellt werden. Das Brennnesselgarn besitzt guten Glanz und Festigkeit und lässt sich leicht färben. Es kann je nach Herstellungsart weich, seidig und schön zum Anfassen sein oder ein robustes, technisches Gewebe. Nesselgarn kühlt im Sommer und wärmt im Winter.
«LU» hat aus dem Gewebe gar eine Schuhkollektion kreiert und damit Wege zu einer lokaleren und nachhaltigeren Schuhproduktion aufgezeigt: «Unsere Schuhe bestehen fast zu 100% aus Brennnesselfasern. Und so wird mein Lieblingsunkraut in Zukunft nicht nur in städtischen Asphaltlücken zu finden sein, sondern dich vielleicht auch über diese geleiten» sagt Christoph.
Ein Unkraut tut Gutes!
Brennnesseln sind auch aus ökologischer Sicht wertvoll, denn sie bieten Lebensraum und Nahrung für rund 150 Insektenarten. Würde man die Nessel als Nutzpflanze sehen, könnte auch die Natur davon profitieren.
«Es liegt viel ungenutztes Potenzial in der Nesselpflanze. Sie könnte in den verschiedensten Bereichen eingesetzt werden, von der Modeindustrie bis hin zu Nahrungsmitteln oder Kosmetika - die Brennnessel kann uns viel Gutes tun», davon ist Christoph Ibrahim überzeugt. Das Label «LU» bleibt dran!